Diagnose
Wer sein Auto liebt, der schiebt oder besser - er pflegt es.
Wie alles, mit dem wir uns umgeben, erwartet auch ein Kraftfahrzeug eine vernünftige und solide Pflege. Wer sein geliebtes Vehikel im Winter betreibt und es nicht allerspätestens im Frühling vom Streusalz befreit, muss sich nicht wundern, wenn es ihm unter dem Allerwertesten wegrostet. Genauso verhält es sich aber auch mit der Pflege des Fahrzeuges unter der Motorhaube. Bedenken wir doch bitte, dass unsere Fahrzeuge 40 Jahre und mehr auf dem Buckel haben und somit bereits 4 durchschnittliche Autoleben hinter sich gebracht haben.
Vorgehensweise bei der Fehlersuche und Erläuterung der Funktionen der Bauteile und Sensoren. Beschrieben werden hier Bauteile, die in unserem Mercedes-Benz, 300 SEL 3,5, Baujahr 1970 verbaut wurden.
Ebenso beziehen sich die verschiedenen Druck- und Unterdruckangaben in erster Linie auf unser Fahrzeug. Es kann also zu anderen Fahrzeugen Abweichungen geben:
Bei der Fehlersuche in D-Jetronik Systemen sollte man der Einfachheit halber systematisch vorgehen. Das sinnlose Mal hier dran drehen und dort etwas verstellen bringt in der Regel nichts. Das Gegenteil ist der Fall und ich rate tunlichst davon ab.
Benzindruck:
Als erstes sollte immer der Benzindruck geprüft werden. Hierzu eignet sich ein handelsübliches Manometer mit einer Anzeige bis 6 bar. In einigen Foren kursiert die Meinung, dass es unbedingt ein Glycerin gedämpftes Manometer sein muss, möglicherweise eine Frage der Philosophie.
Ebenso wird als idealer Prüfort immer die Bypass Leitung zum Kaltstartventil benannt.
Leute, seid hier besonders vorsichtig und lasst es lieber.
Jede Stelle in der Ringleitung ist gleich gut geeignet, um den Benzindruck zu messen. Das Kaltstartventil hat im oberen Bereich eine Kunststoffkappe. Durch das Auf- und Abstecken der Benzinleitung kann sie leicht brechen. Außerdem kann sich das Kaltstartventil losrappeln und ist dann zum Motorgehäuse hin nicht mehr dicht. Das gute Stück ist ja auch schon so alt wie der Rest des Fahrzeugs.
Der Benzindruck sollte übrigens exakt 2,0 bar + max. 0,1 bar betragen, jedoch niemals -0,1 bar.
Oft wird nämlich beschrieben 2,0 bar +/- 0,1 bar. Diese Aussage ist definitiv falsch.
Elektrokraftstoffpumpe (EKP):
Die EKP ist eine Rollenzellenpumpe und zunächst auf Laufgeräusche zu testen, erst dann elektrisch und mechanisch. Die Fördermenge sollte 1 l innerhalb von 30 Sekunden betragen, gemessen am Rücklauf.
Kraftstoffdruckregler:
Der Kraftstoffdruckregler besitzt drei Anschlüsse. Die beiden seitlichen sind in die Ringleitung eingesetzt und liegen somit im Kreislauf der Kraftstoffdruckleitung. An dem unteren ist der Rücklauf zum Kraftstoffbehälter angeschlossen. Der Kraftstoffdruckregler ist ein weitestgehend verschleißfreies Bauteil.
Pulsationsdämpfer oder auch Druckimpulsdämpfer:
In einigen Foren wird es als sinnvoll angesehen, dass wir in unsere Fahrzeuge einen Pulsationsdämpfer (Audi 100) einbauen. Dieser Dämpfer soll eine Schaumbildung des Kraftstoffes verhindern. Diese Aussage ist so nicht ganz richtig. Der Pulsationsdämpfer hat lediglich eine Geräuschdämpfende Wirkung.
Einspritzventile:
Bitte immer exakt die Ventile verwenden, die Bosch auch für das Fahrzeug vorgesehen hat, um welches es hier geht. Einspritzventile sind in der Regel durch einen farbigen Ring, sowie Bosch Nummern gekennzeichnet.
Ringfarbe = unterschiedliche Durchflussmengen
Nachbauten sind immer durch einen grauen Ring gekennzeichnet.
Das Reinigen von Einspritzventilen im Ultraschallbad ist zwar ein guter Ansatz, bringt aber so nichts. Die Ventile müssen gleichzeitig mit einer getakteten Gleichspannung von max. 3 Volt angesteuert werden, damit sich die Düsennadel in der Ventilschaftführung hin und her bewegt und so auch Verkrustungen innerhalb der Ventilschaftführung gelöst und ausgespült werden können.
Schließt bitte niemals ein Einspritzventil einfach dauerhaft an 3 V Gleichspannung an. Die interne Magnetwicklung mag das nicht und würde sich nach kurzer Zeit in Rauch auflösen.
Einspritzdüsen sollten immer mit Prüföl gereinigt und durch Vergleichsmessungen nach Prüfanleitung getestet werden.
Die Spulen der Einspritzventile sollten bei einer Umgebungstemperatur von + 20 Grad Celsius einen Widerstand von 2 - 3 Ohm aufweisen.
Druckfühler (SDF):
Der Saugrohrdruckfühler sitzt bei den meisten unserer Autos an der Stirnwand quer unter der Windschutzscheibe. Er ist extrem erschütterungsempfindlich und daher auf Gummifüssen montiert. Daher ist beim Versenden eines Druckfühlers sehr großen Wert auf eine Stoßsichere Verpackung zu legen.
Auch beim Druckfühler gilt, wie bei allen Steuerelementen der D-Jetronik:
NUR BOSCHTEILE VERWENDEN, DIE AUCH EXAKT FÜR DIESES FAHRZEUG IN DER ERSTAUSRÜSTUNG VERBAUT WURDEN.
Der Druckfühler wird mit einem 4poligen Stecker elektrisch angeschlossen. Die beiden äußeren Stifte tragen die Bezeichnung 7 und 15 (Primärspule), die beiden inneren Stifte tragen die Bezeichnung 8 und 10 (Sekundärspule). Somit ist es egal, wie der Stecker aufgesteckt wird, ein verdrehen des Steckers hat keine Auswirkungen auf die Funktion des Druckfühlers.
Druckfühler mit einer schwarzen aufgesetzten Kappe verfügen über eine Höhenkorrektur. Diese Druckfühler wurden nur in Fahrzeuge verbaut, die in die USA oder in die Schweiz exportiert wurden. Dieser Druckfühler verfügt über zwei Dosenmembranen, wobei die eine gegen Vakuum und die andere gegen den Atmosphärischen Druck arbeitet. Bei diesem Druckfühler entfällt im Gegenzug die Vollastanreicherung.
Beide Druckfühler können mit Unterdruck von max. 500 mbar getestet werden. Der Spulenwiderstand der Primärwicklung sollte 80 - 120 Ohm betragen. Der Spulenwiderstand der Sekundärwicklung sollte 300 - 400 Ohm betragen. Weitere Messungen (Induktivität) sind nur mit einem Oszilloskopen oder einem Induktivitätsmessgerät möglich.
Zusatzluftschieber (ZLS):
Der Zusatzluftschieber in unseren Autos ist ein rein mechanisches Bauteil.
Er ist so angebracht, dass sein unterer Teil in den Kühlwasserkreislauf hineinragt. In diesem unteren Teil sitzt ein Ausdehnungselement, welches sich bei zunehmender Wärme ausdehnt.
Er besitzt einen Anschluss für den Lufteintritt, sowie einen Anschluss für den Luftaustritt. Zwischen diesen beiden Anschlüssen sitzt der Steuerkolben, der gegen eine Druckfeder drückt. Dehnt sich das Ausdehnungselement aus, wird der Kolben gegen die Federkraft der Druckfeder nach oben gedrückt und schließt den Luftdurchlass zwischen dem Ein- und dem Auslass nahezu komplett ab. Genauer gesagt sollte er bei einer Temperatur von + 60 Grad Celsius zu 95 % geschlossen sein. Ganz schließen sollte er aber nicht.
Der Zusatzluftschieber hat eine Bypass Funktion zur Drosselklappe. Er soll die Drehzahl des Motors stabilisieren oder im Kaltlauf geringfügig anheben.
Kaltstartventil:
Das Kaltstartventil wird beim Startvorgang und einer Umgebungstemperatur von unter + 35 Grad Celsius kurz angetaktet. Das Kaltstartventil besitzt einen 2-poligen elektrischen Anschluss. Es sitzt an einem Abzweig in der Benzinführenden Ringleitung. Beim Ansteuern wird die interne Magnetwicklung ganz kurz erregt und zieht einen Magnetanker an. Durch das Anziehen des Magnetankers kann das Benzin durch den Kanal des Kaltstartventiles fließen und gelangt so in den Verbrennungsraum des Motors. Die Dichtung des Kaltstartventils muss 100% dicht sein, da sonst ständig zusätzliches Benzin in den Verbrennungsraum des Motors gelangen würde. Die Spule des Kaltstartventils sollte einen Widerstand von 4,2 Ohm aufweisen.
Zündverteiler mit Einspritzauslöser:
Der Zündverteiler unserer Fahrzeuge besteht aus folgenden Komponenten:
An der Unterdruckdose ist ein dünner Schlauch angebracht. Achtet hier bitte auf beidseitigen festen Sitz des Schlauches.
Die Kontakte der Einspritzauslöser sind auf einem halbrunden Träger montiert, der an ein Gebiss erinnert. Viele sprechen hier auch vom Trigger Gebiss.
Einige Trägerplatten sind mit zusätzlichen Filzscheiben ausgestattet, welche regelmäßig gereinigt und gefettet werden sollten. Die Kontakte sollen sauber sein und auf Kontaktabbrand geprüft werden. Sie sind für die Ansteuerung der Einspritzventile zuständig.
Drosselklappenschalter:
Der Drosselklappenschalter besteht aus 4 oder auch 5 Schleifern, die über Kontaktbahnen auf der darunterliegenden Leiterplatte schleifen. Im Leerlauf sollte er geschlossen sein.
Bei einer Auslenkung der Drosselklappe größer 1 Grad (ca. 0,4-0,5mm) sollte er geöffnet sein. Bei langsamen Durchtreten des Gaspedals, bzw., langsamer Betätigung der Drosselklappe von Hand muss die Anzeige des Messgerätes 10 Mal zwischen 0 Ohm und unendlich, also geschlossene und offene Leitung pendeln. Das liegt daran, dass der Leerlaufschalter über eine Sägezahnartige Leiterbahn schleift, welche den Kontakt immer wieder unterbricht und schließt.
Der Drosselklappenschalter ist für die Beschleunigungsanreicherung, den Leerlauf und die Volllaststeuerung zuständig.
Oder anders ausgedrückt: Volllastanhebung, Leerlaufanhebung, Übergangsanreicherung.
Um die Drosselklappe und den Drosselklappenschalter zu justieren, geht man am besten wie folgt vor:
Die Anschlagschraube herausdrehen bis die Drosselklappe frei ist. Dann die Schraube soweit reindrehen, bis sie an der Drosselklappe anliegt. Abschließend noch eine Viertel bis halbe Umdrehung weiter reindrehen. Wenn der Motor im Leerlauf sägt, die Schraube minimal zurückdrehen.
Die Schrauben am Drosselklappenschalter lösen und ein Multimeter anschließen. Am Drosselklappenschalter eine Widerstandsmessung durchführen. Der Wert muss 0 Ohm betragen, Wird die Drosselklappe um einen Grad ausgelenkt, muss der Leerlaufschalter geöffnet sein. Jeder Teilstrich auf dem Drosselklappenteil steht für 2 Grad Auslenkung. Den Drosselklappenschalter so einstellen, dass er bei 1 Grad Auslenkung öffnet. Nach dem erfolgten Einstellen nochmal prüfen. Bei der Auslenkung um ein Grad muss der Schalter geöffnet sein.
Temperaturfühler Luft (NTC 1):
Er sitzt ganz vorne am Schnorchel des Luftfiltergehäuses und misst die Umgebungstemperatur. Diese Mess- und Regelgröße wird dem Steuergerät an PIN 1 zugeführt.
NTC steht für: Negative Temperature Coefficient Thermistor.
Er leitet also bei hohen Temperaturen elektrischen Strom besser als bei tiefen Temperaturen.
Hier die Tabelle für den Lufttemperaturfühler:
Gemessen am Fühler.
Temperaturfühler Kühlflüssigkeit (NTC 2):
Er ist am Motor so verbaut, dass er mit seinem Fühler in den Kühlmittelkreislauf hineinragt. Er misst die Kühlmitteltemperatur. Diese Mess- und Regelgröße wird dem Steuergerät zugeführt.
Hier die Tabelle für den Temperaturfühler Kühlflüssigkeit:
Gemessen am Steuergerät oder direkt am Fühler.
Steuergerät:
Solide Verarbeitung, sorgfältig ausgesuchte elektronische Bauteile und ein Vollmetallgehäuse, welches die Technik beherbergt, bilden gemeinsam das "Hirn" der D-Jetronik.
In vielen Fahrzeugen ist es hinter dem Handschuhfach, respektive hinter der Fußraumverkleidung des Beifahrers versteckt und verrichtet dort meist klaglos seinen Dienst. In unserem Fahrzeug (W109), aber auch beim W108 ist es vorne, vor dem Fahrzeug stehend, links hinter dem Hauptscheinwerfer verbaut.
Die meisten der bereits genannten Sensoren und Stellglieder melden ihre Messgröße an das Steuergerät. Dieses wertet sie aus und regelt entsprechend.
Das Steuergerät ist ein rein Analoges elektronisches Bauteil, welches noch gänzlich ohne Mikroprozessoren, Chips und dergleichen arbeitet. Diese Analoge Technik wird nur noch von ganz wenigen Spezialisten beherrscht. Unsere Fahrzeuge besitzen keinen Anschluss für einen Testcomputer On Board Diagnostik (OBD), hier ist noch echtes Denken angesagt.
Wird ein Fehler in der D-Jetronik nicht gefunden, wird meist diese ominöse Blackbox als Täter ermittelt, zu Unrecht, wie ich denke.
Und doch sollte man nicht vergessen, dass es sich um ein Bauteil mit vielen hundert Lötstellen und nahezu 60 Transistoren handelt.
Diese Steuergeräte haben nun fast 1/2 Jahrhundert auf dem Buckel.
Kalte Lötstellen, defekte Transistoren und Dioden sind an der Tagesordnung.
Wer seinem Steuergerät etwas Gutes tun will, lässt es in der kalten und nassen Jahreszeit generalüberholen.
In dieser Jahreszeit schläft der Oldtimer sowieso in der Garage. Der nächste Frühling kommt aber bestimmt.